10-Jahresfrist beim Sozialhilferegress

Beim Verschenken von Immobilien bestehen mehrere 10-Jahresfristen, die zu beachten sind.

10-Jahresfrist beim Sozialhilferegress

Ein häufiger Grund für die Schenkung von Immobilien ist die Sorge der Immobilieneigentümer davor, krank und pflegebedürftig zu werden. Die Einkünfte der älteren Menschen reichen häufig nicht aus, um die Pflegekosten zu decken.
In diesem Fall kann der Staat auf das Vermögen des zu pflegenden Menschen zugreifen. Hierzu gehört auch das Immobilienvermögen. Aus diesem Grund werden häufig Immobilien auf Kinder übertragen, um den Rückgriff des Staates in einem Fall von Pflegebedürftigkeit zu verhindern.
Es hilft aber nicht, Immobilien dann zu übertragen, wenn die Pflegebedürftigkeit und der sogenannte Sozialhilferegress bereits eingetreten sind. In diesem Fall kann die Schenkung der Immobilie rückabgewickelt werden und es besteht ein Zugriff des Sozialhilfeträgers auf die übertragene Immobilie.
Hierzu folgendes Fallbeispiel:
Herr Müller ist 78 Jahre alt und Eigentümer des von ihm selbst bewohnten Einfamilienhauses mit einem Wert von 300.000,00 €.
Er bezieht eine Rente i. H. v. monatlich 1.800,00 € und wird krank und pflegebedürftig. Die Pflegekosten im Pflegeheim betragen monatlich 4.000,00 €.
Das Sozialamt wird trotzdem diese Schenkung rückfordern und das Haus verwerten, da noch keine zehn Jahre seit der Schenkung vergangen sind.
Beachten Sie bitte: Wenn Herr Müller allerdings das Haus frühzeitig auf seine Kinder übertragen hätte und seit der Schenkung des Hauses mehr als zehn Jahre vergangen wären bei Eintritt der Pflegebedürftigkeit und Eintritt des sogenannten Sozialhilferegresses ist ein Rückgriff des Sozialamtes auf die geschenkte Immobilie nicht mehr möglich. Dementsprechend sollten Sie mit der möglichen Schenkung einer Immobilie auf Kinder nicht zu lange warten, falls Sie einen sogenannten Sozialhilferegress vermeiden möchten.

10-Jahresfrist für Pflichtteilsergänzungsansprüche 

Beim Verschenken von Immobilien oder sonstigen Schenkungen ist zu beachten, dass diese Schenkungen nach dem Tod des Schenkungsgebers Ansprüche der nicht beschenkten engsten Verwandten auslösen, sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche.
Hierzu folgendes Fallbeispiel:
Herr Müller hat zwei Kinder, die Tochter Mona und den Sohn Heiner. Er ist 70 Jahre alt und krank. Zu seinem Sohn Heiner besteht seit Jahren kein Kontakt.
Seine Tochter Mona kümmert sich regelmäßig um ihn. Er möchte, dass seine Tochter Mona dieses Haus alleine erhält und der Sohn Heiner nach seinem Tod möglichst wenig erbt.
Er lässt sich dementsprechend bei einem Notar beraten und erfährt folgendes: Wenn er dieses Haus auf seine Tochter überträgt, ihr das Haus also schenkt und innerhalb von zehn Jahren nach der Schenkung verstirbt, bestehen noch sogenannte Pflichtteilsergänzungsansprüche des Sohnes Heiner.
Diese Ansprüche verringern sich jedes Jahr um 10 %, sogenanntes Abschichtungsmodell.
Dazu folgender Fall:
Herr Müller überträgt sein mit dem Wert in Höhe von 300.000,00 auf die Tochter Mona. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch des Sohnes Heiner beträgt 25%, also bei einem Hauswert von 300.000,00 € sind das 75.000,00 €.
Dieser Pflichtteilsergänzungsanspruch verringert sich jedes Jahr um 10 %. Allerdings beträgt die Schenkung nicht 300.000,00 €. Die Tochter hat dem Vater ein lebenslanges Wohnrecht gewährt. Dies ist eine Gegenleistung, die von der Schenkung abzuziehen ist.

Der Wert des Wohnrechts errechnet sich wie folgt:

Der Wert des Wohnrechts richtet sich nach der zu erzielenden Kaltmiete am Haus und dem Lebensalter des Berechtigten.
Desto jünger der Berechtigte bei Einräumung des Wohnrechts ist, desto wertvoller ist ein Wohnrecht.
Der Vater hat im Alter von 70 Jahren das Haus übertragen. Wenn eine monatliche Kaltmiete für das Haus 1.000,00 € betragen würde, beträgt der Jahreswert 12.000,00 €.
Für einen 70- jährigen Mann beträgt im Jahr 2024 der Faktor nach der statistischen Lebenserwartung 9,924. Dementsprechend ist der Wert des Wohnrechts bei ca. 120.000,00 €.
Die Schenkung verringert sich damit von 300.000,00 € um 120.000,00 € auf 180.000,00 €. D. h. der Pflichtteilsergänzungsanspruch richtet sich in diesem Fall nicht nach den 300.000,00 €, sondern nach 180.000,00 €. 25 % von 180.000,00 € sind 45.000,00 €.
Durch die Einräumung des Wohnrechts hat sich also der Ausgleichungsanspruch von 75.000,00 € auf 45.000,00 € verringert. Allerdings besteht dieser Ausgleichungsanspruch dann nicht nur zehn Jahre lang, sondern zeitlich unbegrenzt. Auch wenn Herr Müller nach der Schenkung noch dreißig Jahre leben würde, bestehen weiterhin Pflichtteilsergänzungsansprüche des Sohnes Heiner.

Hierbei ist noch etwas zu beachten: Es gilt das sogenannte Niederstwertprinzip.

Wenn Herr Müller im Jahr 2024 verstirbt und im Jahr 2014 sein Haus verschenkt hat gibt es zwei mögliche Zeiträume für die Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche seines Sohnes, nämlich den Zeitpunkt der Schenkung im Jahr 2014 und den Zeitpunkt des Todes von Herrn Müller im Jahr 2024. Nach dem sogenannten Niederstwertprinzip ist maßgeblich der Zeitpunkt, in dem das Haus den geringeren Wert hatte. Das Haus hatte im Jahr 2014 einen Wert von 250.000,00 € und im Jahr 2024 einen Wert von 300.000,00 €.
Dementsprechend ist maßgeblich der Zeitraum 2014. Damals wurde das Wohnrecht bestellt und kann nunmehr wie vorstehend beschrieben abgezogen werden von der Schenkung.
Wäre der Hauswert nach der Schenkung nicht gestiegen, sondern gefallen, wäre der geringere Wert des Hauses der Todeszeitpunkt von Herrn Müller. In diesem Moment bestand aber kein Wohnrecht mehr, da Wohnrechte mit dem Tod des Berechtigten erlöschen. In diesem Fall könnte man das Wohnrecht bei der Berechnung der Pflichtteilsergänzungsansprüche des Sohnes Heiners nicht abziehen.
Beachte:
Es muss bei der Einräumung von Wohnrechten oder Nießbrauchrechten, die die Schenkung verringern beachtet werden, dass sich nach der Schenkung der Immobilie der Wert der geschenkten Immobilie nicht verringern darf, sondern der Wert der geschenkten Immobilie steigen muss. Ansonsten kann das eingeräumte Wohnrecht oder Nießbrauchrecht nicht von der Schenkung abgezogen werden.

 

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